October 16th, 2025

Art Futures Symposium

Im Angesicht der sich zuspitzenden Klima- und Umweltkrisen, wachsender sozialer Ungleichheit und ökonomischer Umbrüche rückt die Frage nach Nachhaltigkeit immer stärker ins Zentrum gesellschaftlicher und politischer Diskurse. Auch die Operaionsfelder von Kunst und Design werden zunehmend erkannt (und gefordert), sowie an ihre Verantwortung appelliert, auf diese Entwicklungen zu reagieren, sie kritisch zu hinterfragen und neue Perspektiven zu eröffnen. Ästhetische Praxis kann dabei weit mehr sein als Spiegel gesellschaftlicher Zustände: Sie kann zu einem aktiven Akteur des Wandels werden – indem sie alternative Denkweisen sichtbar macht, neue Formen des Zusammenlebens imaginiert und Impulse für eine lebenswerte Zukunft setzt.

Doch wie lässt sich Nachhaltigkeit im künstlerischen Kontext tatsächlich verstehen und umsetzen? Welche ethischen, materiellen und institutionellen Fragen stellen sich dabei – und welche Rolle kann Kunst in einer Zeit globaler ökologischer Transformation überhaupt einnehmen?

Das green.office der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main lädt ein, diesen Fragen im Rahmen des zweitägigen Art Futures Symposiums nachzugehen. Ziel ist es, aus interdisziplinärer Perspektive die vielfältigen Verbindungen zwischen Kunst, Nachhaltigkeit und Gesellschaft zu beleuchten. Im Austausch zwischen Künstlerinnen, Designerinnen, Theoretikerinnen und Vertreterinnen aus Kulturpolitik und Wissenschaft werden Ansätze vorgestellt, wie nachhaltiges Handeln in den Künsten gedacht, praktiziert und vermittelt werden kann.

Nachhaltigkeit, so dürfte längst klar sein, ist weit mehr als ein ökologisches Schlagwort. Sie beschreibt ein komplexes Zusammenspiel von ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen, das auf langfristige Verantwortung und Gerechtigkeit abzielt. Dabei geht es um nichts weniger als die Frage, wie Zukunft gestaltet werden kann – und welche z.B. ethischen und ästhetischen Modelle von Verantwortung dabei leitend sind. Im künstlerischen und gestalterischen Kontext bedeutet dies, den Begriff Nachhaltigkeit kritisch zu befragen und seine Bedeutung für Gestaltungsprozesse zu präzisieren: Wie können nachhaltige Prinzipien in kulturelle Praktiken und Institutionen integriert werden? Welche Formen des Denkens, Produzierens und Vermittelns sind zukunftsfähig, wenn Ressourcen, soziale Strukturen und kulturelle Ausdrucksformen gleichermaßen aufeinander bezogen werden müssen?

Plakat: Janis Ay

In diesem Zusamenhang ebenfalls spannend: Die Debatten um “nachhaltige Kunst” die weit über die bloße Beschäftigung mit ökologischen Themen hinausgeht. Die Reflektion der eigenen Produktionsweisen, Materialien und Distributionsformen, die Suche nach Wegen, wie künstlerisches Schaffen selbst nachhaltige Werte verkörpern kann… Dies mag sich in der Wahl ressourcenschonender Materialien äußern, in gemeinschaftsorientierten Projekten oder in performativen, immateriellen und partizipativen Praktiken, die soziale Transformation in den Mittelpunkt stellen. “Nachhaltige Kunst” fragt aber auch danach, wie sich künstlerische Autonomie und ökologische Verantwortung miteinander verbinden lassen – wie also ein ästhetischer Prozess aussehen kann, der zugleich kritisch, reflektiert und verantwortungsbewusst handelt.

Auch hier stellt sich – wieder einmal – die Frage, inwiefern zeitgenössische Kunst neutral bleiben kann oder ob sie sich aktiv politisch positionieren muss. Welche Rolle kann und soll Kunst in gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen spielen? Kann sie ein Ort des Widerspruchs, der Irritation und des Nachdenkens sein, ohne sich instrumentalisieren zu lassen? Kann Kunst gesellschaftliche Prozesse kritisch begleiten, indem sie ökologische und soziale Themen sichtbar macht, Zusammenhänge offenlegt und alternative Perspektiven eröffnet. Formen des ästhetischen Widerstands, symbolische Interventionen und poetische Strategien werden so zu Mitteln, um drängende Fragen der Gegenwart sinnlich erfahrbar und diskursiv verhandelbar zu machen.

Nachhaltigkeit zeigt sich jedoch nicht nur in den Inhalten, sondern auch in den künstlerischen / gestalterischen Prozessen selbst. Zahlreiche zeitgenössische Positionen verstehen Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil ihres Arbeitens. Sie entwickeln neue Ansätze ökologisch sensibler Materialforschung, erproben kollektive Arbeitsformen und schaffen ortsspezifische Projekte, die soziale und ökologische Räume neu denken. Solche künstlerischen Praktiken machen sichtbar, dass Nachhaltigkeit auch eine ästhetische Haltung ist – eine Form, Beziehungen zwischen Mensch, Natur, Material und Gesellschaft neu zu gestalten.

Neben alldem richtet sich der Blick auch auf die strukturellen Bedingungen des Kunstsystems: Welche Verantwortung tragen Institutionen, Förderstrukturen und Bildungsstätten, um nachhaltige Entwicklungen überhaupt zu ermöglichen? Wie können Ausstellungsorte, Hochschulen und Förderprogramme so gestaltet werden, dass sie langfristiges Denken und nachhaltige Produktionsformen unterstützen? Und wo liegen die individuellen wie kollektiven Handlungsspielräume von Kunstschaffenden in einem System, das häufig von kurzfristigen Projekten, globaler Mobilität und Ressourcenverbrauch geprägt ist?

Mit ca. 20 Beiträgen und Positionen wird das zweitätige Symposium aufzuigen, wie Kunst und Design in diesem Spannungsfeld nicht nur auf Nachhaltigkeit reagieren, sondern selbst aktiv zu einer nachhaltigen gesellschaftlichen Transformation beitragen können. Mit dabei unter anderem: Mateo Chacón-Pino (documenta Institut Kassel), Prof. Dr. Brigitte Franzen (HfG Offenbach), Tanya Gautam (Universität zu Köln), Prof. Dr. Christian Janecke (HfG Offenbach), Jannis Kemkens (Studio Circology), Prof. Franziska Nori (Frankfurter Kunstverein), Prof. Dipl.-Ing. Holger Rohn (THM Darmstadt), Theresa Schubert (Künstlerin), Prof. Dr. Flurina Schneider (ISOE Institut), Sam Spurr (University of Newcastle Australia), X Breidenbach (Künstler), Zentrum für Politische Schönheit, Tom Albrecht (GROUP GLOBAL 3000), Kat Austen (Künstlerin), Prof. Dr. Joachim Curtius (Goethe Universität Frankfurt), Antonella Fiumara (Künstlerin), Prof. Dr. Daniela Göller (AMD Düsseldorf), Swaantje Günzel (Künstlerin), Carmen Maiwald (Freie Journalistin), Juni Sun Neyenhuys (Mujōlab), Dr. Manuel Rivera (RIFS Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit am GFZ) und The Nest Collective.

Am 17. und 18. Oktober 2025 in der Aula der HfG Offenbach.

Hochschule für Gestaltung Offenbach
Aula, Hauptgebäude, 1. OG
Schlossstraße 31
63065 Offenbach

–> Programmheft (PDF)

Für die gute Zusammenarbeit, Anregungen, Vermittlung und Kontakte dankt die Hochschle: Prof. Dr. Brigitte Franzen, Prof. Zane Berzina, Prof. Dr. Tom Bieling, Anna Burst, Dennis Chilas, Daphne Correll, Prof. Nadine Fecht, greenlab - weißensee kunsthochschule berlin, Till Hergenhahn, Merja Herzog-Hellstén, Prof. Dr. Christian Janecke, Prof. Heike Selmer, Prof. Albrecht Schäfer, Susa Templin und Susanne Wieland

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